STATEMENT

Ich arbeite und denke an einer Welt.

Sichtbar sind die Fragmente.

Ich erzähle Geschichten von Gefühlen und Stimmungen.

Figuren treten heraus. Treten auf.


Mein Arbeitsmaterial ist Keramik.

Außerdem zeichne ich.

Ich modelliere Figuren und füge sie in Installationen - mit den Zeichnungen - zu einer Welt zusammen.

Die Zeichnungen sind der Beginn und Hintergrund und führen die Geschichte weiter.

Ich suche Bilder für - unbewusste - Gefühle.

Was ist da noch?

War da ein Schatten?

Was spüre ich ?

was beschützt mich, was hält mich.

Es geht um Sehnsucht und Geborgenheit.


Ich mag, wenn es vielschichtig ist, und nicht immer zu verstehen.


Das Rätsel kann ungelöst bleiben.


 

 

I imagine  and think of creating a world.

Only its fragments are visible.

 

I tell stories about feelings and atmosphere.

Creatures are stepping out, are showing up.

 

My working material is ceramics.

I also draw.

I build sculptures and create a world for them in installations, sometimes also using drawings.

Drawings are the starting point and the background and continue the story.

I am looking for pictures depicting subconscious feelings.

 

What else is there?

Was there a shadow?

What do I sense?

what is protecting me, what is keeping me grounded?

It is about longing and the feeling of security.

about scary things and fear.

 

I like things to be multilayered and don't mind if they can't be explained.

 

 

 

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Preis der Stadt Oldenburg

 

Keramik im Pulverturm

"Die Welt dahinter"

 

Aus dem begleitenden Katalog:

 

"Weltbeobachtung und Welterfindung"


Die menschliche Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle zu erkennen und zu interpretieren, bezeichnet man als emotionale Intelligenz. Im Zusammenspiel mit unseren kognitiven Fähigkeiten ermöglicht sie uns, eine jeweils konkrete Situation richtig zu bewerten und darauf angemessen zu reagieren. Anna Dorothea Klug nutzt diese, den Menschen eigene Fähigkeit zur Orientierung und Selbstverständigung. Wie für alle künstlerisch tätigen Menschen bedeutet auch für sie die Beobachtung von Welt zugleich Welterfindung.


Anna Dorothea Klug studierte Keramik an Kunsthochschulen in Nürtingen, Halle und für ein Gastsemester auch in Ohio. Deshalb sind ihre Arbeiten aus Ton. Ihr Interesse gilt dabei nicht dem Eigenausdruck dieses Materials. Material ist für sie nur mehr ein Mittel zum Zweck, wenn sie versucht, Bilder für emotionale Zustände zu finden. Ihre schönen skizzenhaften Zeichnungen dienen als Vorlage für die plastischen Arbeiten. Das ist die spannende Aufgabe: eine zweidimensionale Darstellung ins Räumliche übersetzen.

 

Es geht Anna Dorothea Klug um die Visualisierung eigener elementarer Emotionen – Furcht, Schmerz, Freude, Trauer, Sehnsucht, Mitleid, Geborgenheit – und deren Übertragung ins Allgemeingültige. Dabei macht sie sich märchenhaft anmutende Bilder aus der Mythologie und deren darauf Bezug nehmenden, stereotypen zeitgenössischen Interpretationen zunutze. Es ist die Erzählung vom Verhältnis zwischen mentalen und physischen Zuständen, die Erzählung von der Beziehung zwischen Körper und Geist, die Erzählung von der Ambivalenz menschlicher Seinszustände.


Die Akteure dieses bizarren Welttheaters sind Menschen und tierartige Wesen. In der Serie mit dem Titel „Das Gefühl dahinter“ treten sie stets als Paar auf: kleiner Mensch und übergroßes, fantastisch anmutendes Tierwesen. Deren Beziehung bleibt rätselhaft. Ihre Interaktion scheint einem Ritual zu folgen, das dem Betrachter verborgen bleibt. Sichtlich von Empathie getragen, schließen sie Dritte konsequent aus. Zur Aufführung gelangt ein surreal anmutendes, handlungsarmes Stück. Wie für alle Zeit festgefroren sind die Bewegungen der Darsteller. „Es gibt einen langen Traum, und es gibt kurze Träume, die ihn unterbrechen. Sonst gibt es eigentlich nichts“, sagt der Schriftsteller Daniel Kehlmann. Anna Dorothea Kluges Individuen sind in ihrem Traum gefangen, in einem Traum, aus dem sie nicht ohne Schaden an Leib und Seele erwachen können.


Dr. Renate Luckner-Bien

 

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Richard-Bampi-Preis 2013, 1.Preis

 

aus der Begründung der Jury:

 

Traumgeburten, die mit überraschender Selbstverständlichkeit vor uns stehen, starke plastische Präsenz entfalten und überdies auch in ihrer malerisch-farblichen Erscheinung überzeugen. Surreale Geschöpfe, fremd, eindringlich, aber nicht bedrohlich, beinahe hilflos, somnambul. Nachts, wenn wir tanzen, geht die Phantasie auf Reisen. Der Bote von der Welt dahinter behält sein Geheimnis ebenso für sich wie die träumenden Jungen und die Gruppe der „Fledermäuse“, die keine richtigen Fledermäuse sind. Was offenbaren uns unsere Träume? Wen und was zeigen sie? Skulpturale Bilder für Botschaften, die keine Worte haben.

 

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Die Figuren sind Boten. Sie treten heraus durch den Nebel auf die Bühne. Sie haben etwas zu berichten, doch sie halten sich still. Ihre Augen sind geschlossen, sie sehnen sich zurück.

 

Naspa Förderpreis Keramik 2013.

 

Begründung der Jury:

 

Zartfarben und zurückhaltend, kindlich scheu und fast ängstlich präsentieren sich diese Aliens, diese Boten von der Welt dahinter, dem Betrachter: Ist dieses Distanzhalten Absicht und Vorsicht, um die menschlichen Wesen als Gegenüber nicht zu erschrecken? Die barocken Figuren der kindhaft kleinen Figurinen von Anna Dorothea Klug sind im Raum einer Wandfläche zugeordnet, einer imaginären Wandzeichnung. Ohne richtige Arme, teils mit Flügeln aus Papier, in farbig aufgemalter Kleidung zeigen sie sich unperfekt- fast wie einem freundlichen Science-Fiction-Märchen entsprungen. Auf dieser Seite der Wand scheinen sie die zweidimensionale Ebene durchschritten zu haben und tragen die Rudimente fantasievoller, schlüssig aufgebrachter Farbzeichnungen auf den Körperflächen. Humorvolle insektenhafte Individualisten, weitgehend handlungsunfähig, betreten die Welt und suchen Orientierung. Die Leichtigkeit der Umsetzung des Themas hat die Jury ebenso überzeugt wie die bewusst unfertige Sockelkonstruktion oder die Addition der zart gezeichneten Papierflügel.

 

 

Naspa Talent Award 2013.

 

Judges´ comments:

 

Delicately colored and restrained, childishly sly and almost afraid- these aliens, these messengers from the world behind, present themselves for the viewer. Is this keeping of distance intended, and is it a precaution so as not to frighten the human beings? The baroque figures of the childlike, small beings by Anna Dorothea Klug are allocated a wall area in the room, an imaginary wall drawing. Without proper arms, in part with paper wings, in color-painted clothes, they appear imperfect- as if they had sprung from a friendly science-fiction tale. On this side of the wall, they appear as if they have stridden through this two-dimensional plane and bear the rudimental, fanciful, coherently mustered colors on the body surfaces. Humorous, insect-like individualists, largely unable to act, enter the world and look for orientation. The lightness of the execution of the topic convinced the jury, as did the consciously unfinished pedestal design and the addition of the delicately drawn paper wings.

 

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„Die Figuren von Dorothea Klug sind Mittelmänner.
Sie sind auf der Hut, aber sie zeigen sich.
Sie nehmen Kontakt auf, vorsichtig aber hoffnungsvoll.
Sie sind sich nicht ganz sicher, aber etwas Vages zwischen
Sehnsucht und Angst, Mut und Wunsch, lässt Ihnen keine Wahl.“
Theo Huber

 

 

 

Statement

 

Bevor meine keramischen Plastiken entstehen können, zeichne ich.
Die Figuren und Wesen, die häufig in meinen Zeichnungen auftauchen,
übersetze ich dann in die Dreidimensionalität, und versuche, sie so zu verlebendigen.
Ich stelle mir vor, wie sie aussehen würden, wenn sie real wären und ich sie träfe.
Die vorausgegangenen Zeichnungen sind kleine Aquarelle, feine Bleistift- und Kulizeichnungen, Kritzeleien, oft nur schwer zu erkennen.
Trotzdem weiß ich genau, wie und was ich modellieren muss, um mein inneres Bild von ihnen und das dazugehörige Gefühl zu übertragen.
Oft schaue ich dann plötzlich ganz unverhofft in ein mir bekanntes Gesicht und spreche mit einem Gegenüber, das ich schon fast vergessen hatte.
Ich mag jene verworrene Erinnerung an meine Kindheit. Das Unklare, Rätselhafte und oft auch Beklemmende.
Meine Arbeit ist ein Auftauchen und Zusammenkommen von vielen mir vertrauten Wesen.
Wie aus einem Nebel, kommen meine Figuren dann auf mich zu...Vergessenes wieder aufgeführt.


Ich arbeite mit rotem, stark schamottiertem, niedrig brennendem Ton. Alle Figuren werden hohl aufgebaut, im lederharten Zustand mit einer weißen Sinterengobe überzogen und dann bei 960 °C geschrüht. Danach bemale ich die Figuren mehrmals mit Unterglasurfarben, und „wasche“ sie mit einer Kupferoxidlösung, um eine Tiefe in der Oberfläche zu erzielen. Das erfordert mehrere Brände bei 1060°C.
 An den Rezepturen für meine Glasuren arbeite ich seit Jahren. Diese chemischen Vorgänge verstehen lernen und vor allem kontrollieren zu können, interessiert mich. Durch die Arbeit mit meinen eigenen Farben und Oberflächen bleibe ich meinen Figuren nahe. Diese selbst entwickelte Palette dient mir als Inspiration für neue Arbeiten und ist für mich wie eine Schatzkammer, mit zahlreichen Fächern, die ich jedes Mal neu öffnen und neu zusammenfügen kann.
Dieses Wissen beruhigt mich beim Arbeiten mit dem doch oft widerspenstigen Material der Keramik... Meine Mittelsmänner, zwischen Technik und Gedachtem.